...aber natürlich wollen wir uns trotzdem um einen positiven Blick auf die Welt bemühen, und das in Zeiten, in denen dieser Begriff ja gerade Negatives bedeutet.

Zum Beispiel möchten wir Sie, unsere LeserInnen, nicht mit den Ärgernissen des Monats weiter nerven, also kein Wort über Trump und andere Aufreger.

Wir wollen uns auch nicht in die wieder mal hoch gekochte Debatte zum Thema „Was darf Satire und was kann Kabarett“ einmischen, und wir werden auch nicht spekulieren, wie wichtig Cancel Culture sei, um diese Nischengewächse erst richtig bekannt zu machen.

Und schon gar nicht wollen wir beurteilen, ob Lisa Eckhart wirklich lustig ist. Diese wie von Giacometti ziselierte junge Dame wird ja von manchen Kritikern dafür gescholten, dass sie als selbst performende Satirikerin nur Abwesende beleidige und nicht dem Publikum den Spiegel vorhalte. Andere allerdings loben, dass sie genau das tue, nämlich das klassische Einvernehmen mit den linksliberalen Zuschauern aufzukündigen und den Leuten unangenehm zu werden. Wieder andere beklagen einfach, dass sie nicht so ist wie Gerhard Polt.

Aus einem Interview in der SZ erfahre ich u.a., dass Lisa Eckart es nicht mag, ungefragt geduzt zu werden. Das gefällt mir, sehr sogar. Ich hatte schon früher Schwierigkeiten mit dem kumpelhaften Du der 68ger, das ich als Geste der Abgrenzung von einer auf hohle Formen bedachten Vatergeneration noch halbwegs annehmen konnte.
Ein echtes Greuel sind mir jedoch diese distanzlosen Freundlichkeiten, vor allem von Dienstleistern und im Netz: „Hallo Marina, deine Bestellung wird gleich bearbeitet!" Will man mir hier das positive Gefühl vermitteln: „Ey, Alte, du gehörst noch zu unserer allzeit jungen Konsumentenclique?“
Oder ist das einfach eine neue zeittypische Formlosigkeit?

Jedenfalls bedauere ich es ein wenig, dass ich beim Umgang mit Ihnen, unseren LeserInnen, nicht immer konsequent bei den alten Formen der Anreden für erwachsene Menschen geblieben bin, und gedenke sie wieder zu beachten – zumindest in dieser 15. Ausgabe des Jammertalboten.

Ich wünsche Ihnen trotzdem Vergnügen beim Lesen!