Wien Impressionen 3



Der deutsche Gast kommt nach Österreich, weil er ins Ausland will, aber es soll ihm nicht zu ausländisch vorkommen.
Peter Turrini


In der bayerischen Heimat trauert man zu Teilen noch immer dem König nach, ob ernsthaft oder aus Folklore, mag dahingestellt sein. In Österreich ist es die Monarchie, die noch immer sehr präsent ist. Man kommt gar nicht um den Kaiser herum, wenn man bei Kaiserwetter eine Kaisersemmel futtert und auf den Beginn der Führung wartet, um zu erfahren...



Es beginnt beim römischen Wien mitsamt den alten Abwasserkanälen, beleuchtet das wenig saubere Mittelalter und schließt den Kreis zur heutigen Zeit. 2000 Jahre Stadtgeschichte unter dem Gesichtspunkt der Hygiene. Quasi von Vespasians „PECUNIA NON OLET bis zum immer wieder gern verwendeten „Geh' Scheißen“.
Wer jetzt glaubt, dies sei eine Fäkalführung, der irrt gewaltig. Es zeigt eben die andere Seite des alten Stadtlebens, das ebenso dazu gehört wie der voller Stolz gezeigte Pomp und Glanz der mächtigen Sakralbauten und Paläste der Großstadt. Und Alexandra Stolba, deren Führungen von mir generell dringend ans Herz gelegt werden, bringt eine Fülle von Informationen mit einer Leichtigkeit und kabarettistischen Pointensetzungen unter die Leute, dass man sich fragen muss, warum sie noch nicht von den science busters ( siehe Link) entdeckt wurde.

https://www.youtube.com/watch?v=0qWDnLvtwzM



Auch die Ringstraßenführung bietet jede Menge Neuigkeiten. Ein schönes Goethedenkmal beispielsweise, obwohl Goethe Wien nie betreten hat. Aber da gibt es nichts zu lästern, zumal, wenn man wie ich aus der selbsternannten Mozartstadt Augsburg stammt, die bekanntlich bereits Mozarts Vater verlassen hat.
„Das Parlament wird saniert“ meint unser Fremdenführer. Das kennen wir ja auch von unserer Heimat. Gemeint ist hier aber tatsächlich der eingerüstete Bau des Wiener Parlaments.

Die Ringstraße wurde am 1. Mai 1865 von Kaiser Franz Joseph eröffnet. Um eine reiche Schicht anzulocken, vergab der Kaiser denjenigen, die dort einen Prachtbau hinklotzten, einen Adelstitel. Die letzten Bauten wurden erst kurz vor dem Ausbruch des 1. Weltkriegs fertig gestellt. Entsprechend war es ein schlechtes Geschäft für die Nachzügler. Nach Ende des Krieges wurde der Adel abgeschafft – wer zu spät baut, den bestraft das Leben.
Was blieb, war der gemeine Hofrat, der allerdings – frei nach Karl Kraus – dem Hof nichts zu raten hat und damit auskommen musste, seinen Titel im Kaffeehaus herumzutragen.



Sebastian, der Kurz-zeit-Kanzler, wird sich sicher nicht auf Dauer mit der Rolle eines Hofrats zufrieden geben. Aber wenn's nicht mehr zur Rückkehr des Jedi-Kanzlers reicht, dann kann er vielleicht als Seiteneinsteiger in einem anderen Bereich tätig werden.


GUTE FAHRT!