Deshalb haben wir auch den Fernseher nicht eingeschaltet, sondern eine alte DVD eingelegt. Wir wollten ein Schauspielerfest, eine Handlung mit Substanz, ein paar intelligente Dialoge und keine Verherrlichung von Militär und Krieg. Wir wählten „Des Teufels General“, mit Curd Jürgens als Hauptdarsteller und Helmut Käutner als Regisseur.

Dem wurde schon bald nach dem Filmstart 1955 vorgeworfen, das Theaterstück von Carl Zuckmayer verharmlosend den Empfindlichkeiten der vergangenheitsvergessenen 1950gern angepasst zu haben. Doch das ist eine andere Geschichte, uns haben an diesem Abend mehr die Schauspieler, oder genauer, deren Biografien interessiert - und irritiert:

Die meisten waren gut durch die Zeit des Nationalsozialismus gekommen, wurden damals von Goebbels zum Staatsschauspieler ernannt oder gar in die Gottbegnadeten-Liste aufgenommen. Und fast problemlos waren sie nach 45 ohne Karrierebruch in die Bundesrepublik hinübergeglitten.

Hier im Film durften nun diese braven Alt-Nazis unter anderem die bösen Kino-Nazis in verschiedenen Braunschattierungen spielen. Der Oberschurke, SS-Sturmbannführer Schmidt-Lausitz in „Des Teufels General“ wird recht passend von Viktor de Kowa dargestellt, der zuvor in Propagandafilmen für die Jugend mitgewirkt hatte, und der begeistert war von der „Aufgabe, ein Abbild zu schaffen von dem Leben dieser jungen Generation, dieser zukünftigen Führerschaft Großdeutschlands.“

Lustigerweise sehen wir in der Rolle des Widerständlers und Saboteurs Oderbruch mit Karl John wieder einen Schauspieler, der zu Goebbels Zeiten auch gerne den hitlertreuen Soldaten in Propagandafilmen gegeben hat. Wie in "Panzerkreuzer Sewastopol", dem NS-Gegenfilm zu Eisensteins "Panzerkreuzer Potemkin", in dem John am programmatischen Schluss die Rache am Kommunismus herausstöhnen darf, und der –kein Witz! - eben darum nach wie vor im Adenauer-Kino lief.

Und ein weiterer Witz der besonderen Art: einer der hitlerbegeisterten Offiziere wird von einem Mann namens Albert Lieven gespielt, der 1936 mit seiner jüdischen Frau emigrieren musste.
Als Darsteller eines ehrgeizigen jungen Leutnants, der wegen einer jüdischen Großmutter einen Karriereknick erleben muss, wählte der Regisseur den jungen Harry Meyen, der selbst als „Mischling ersten Grades“ das KZ Neugamme überlebte. Wegen seiner blauäugig frischen Ausstrahlung bekam Meyen auch später immer wieder Filmrollen in Nazi-Uniform angeboten. Wie ging es ihm wohl, wenn er am Drehort jenen Kollegen begegnete, die ihn damals ohne mit der Wimper zu zucken einer Mordmaschinerie überlassen hätten?

Aber diese professionelle Distanz muss ein Schauspieler wohl schaffen, um seinen Beruf auszuüben.

Die groteske Konstellation, dass Emigranten Nazischurken spielen und echte Nazi-Profiteure die Guten, findet man immer wieder in Filmen der Nachkriegszeit. Viktor de Kowa hat uns allerdings in seiner Rolle als SS-Sturmbannführer nicht überzeugt, dieser imperial arrogante Blick, dieses diabolische Lächeln, einfach alles eins zu viel, das hätten Bessere müheloser hinbekommen, vielleicht ein jüdischer Schauspieler, der blauäugige „Mischling ersten Grades“ Paul Newman vielleicht.

Allerdings - in einer Besetzungsliste nach den Maßstäben unserer (eventuellen?) Zukunft dürfte tatsächlich nur ein deutscher Alt-Nazi – gemäß seiner Identität - diese Rolle spielen, so wie ja nur noch Schwule Schwule darstellen sollen, weiße Sprecher keine schwarzen Stimmen mehr synchronisieren dürfen, und Übersetzerinnen...NEIN! Nicht schon wieder das Thema!!!

Und wir wollten uns doch nur einen gemütlichen Abend machen.