3 Nüsse für Axel Maus


Ein Wirtschaftsdrama im Mäusenest aus der Zeit kurz nach der nächsten Wirtschaftskrise.

Personen:
Mama Maus
Axel ( Jungmaus)
Opa ( Roter Nager)
Lehrer ( Spezialist für Mäuse&Menschenwirtschaft)

Mama Maus: „So, ich bin dann mal 2 Stunden unterwegs. Axel, lass dich von deinem Nachhilfelehrer schön unterrichten, damit du mal ein anerkannter Wirtschaftsspezialist wirst. Und Opa – du bist bitte ruhig und störst den Herrn Lehrer nicht.

Opa: „Jaja, schon gut! Ich hätte ihn zwar besser unterrichtet, gerade in Wirtschaft, aber bitte. Wenn die Stadtmaus-Union uns schon extra einen Lehrer schickt...“

Mama Maus: „Ich lasse 3 Nüsse da, um den Lehrer zu bezahlen.“

Mäusemutter ab.

Axel: „3 Nüsse? Und wir? Warum kriegen wir nichts zu essen?“

Lehrer: „Weil die meisten Menschen derzeit eine so große Krise erleben, dass sie alles, was der Garten hergibt, selber benötigen. Sie müssen alles selbst verwerten, um über die Runden zu kommen. Da bleibt nichts mehr übrig. Angefangen hat es schon vor vielen Mäusegenerationen. Damals haben viele Wirtschaftswissenschaftler gesagt, dass sich der Staat nicht einmischen soll ins Wirtschaftsleben. Die Wirtschaft würde nämlich immer alles selber regeln in einem sogenannten schlanken Staat.“

Opa: „Und wie sie das geregelt hat. Seinerzeit habe ich 2 Jahre lang meinen Bau in einem Zeitungsarchiv gehabt, bevor sie angefangen haben, alles zu digitalisieren. Und das war nur die erste Krise, die ich erlebt habe. Oh, ich könnte euch Sachen erzählen...“

Lehrer: „Bitte nicht. Freilich, es war nie die Rede davon, dass es sofort ALLEN besser geht, wenn man der Wirtschaft freien Lauf lässt.. Zunächst geht es da natürlich der Wirtschaft besser. Und das ist auch richtig so. Denn nur wenn es der Wirtschaft gut geht, kann es auch den Menschen gutgehen.“

Opa: „Das sagen die Ökonomen immer, die von der Wirtschaft bezahlt werden. Aber wenn man die Menschen nicht am wirtschaftlichen Erfolg teilhaben lässt, geht es nur der Oberschicht besser.“

Lehrer: „Sagen Sie, sind Sie eigentlich Kommunist?“

Opa: „Was erlauben Sie sich, Sie liberaler Schnösel?“

Axel: „Hallo! Es geht doch um mich! Haben jetzt die Menschen profitiert vom schlanken Staat, oder nicht?“

Lehrer: „Doch, doch, sicherlich. Die Wirtschaft gab ihnen nämlich tatsächlich etwas von ihren Gewinnen ab, und von dem Geld konnten die Menschen Aktien kaufen oder sich den Traum eines eigenen Hauses mit Garten erfüllen. Es ist allen besser gegangen.“

Axel: „Aber warum haben wir dann nichts mehr zu essen?“

Lehrer: “Abwarten, Axel. Die Aktien konnten natürlich nicht immer steigen und die Leute, die zu spät einstiegen, haben viel zu teuer eingekauft. Als der nächste Crash kam und die Aktien fielen, haben sie natürlich ihr Geld verloren.“

Opa: "Wieder mal. Genau wie in der ersten Bankenkrise des Jahrtausends.

Axel: „Und dann ging es allen schlechter,“

Opa: „Haha, den Banken nicht. Wenn sie den Leuten die Aktien aufgeschwatzt haben, konnten sie immer gut verdienen. Erst die Provision beim Ankauf, danach wurde Depotgebühr eingestrichen und schließlich konnten sie beim Verkauf abermals abkassieren.“

Axel: „Aber die Leute hatten dann ja noch ihr Haus und ihren Garten.“

Lehrer: „Äh, leider nicht allzu viele. Weil die Aktien so gefallen sind, mussten viele Firmen dichtmachen und die Leute hatten keine Arbeit mehr. Da konnten sie die Schulden nicht mehr zurückzahlen, die sie gemacht hatten, um an ihr Haus zu kommen.“

Opa: „Und schon hatte die Bank die Hand drauf.“

Lehrer: „Ach was. Das traf vielleicht in Teilen zu.... Aber es gab ja nicht nur die schmucken Häuschen am Stadtrand, die man als Bank weiterverkaufen konnte. Es waren ja auch Hochhäuser dabei, in die niemand ziehen wollte, die dann leer standen und verrotteten. Ganze Siedlungen, viel zu groß oder billig und schlampig gebaut, sind verfallen. Dabei haben sie viel Geld gekostet.“

Axel: „Dann haben die Banken auch Verluste gemacht. Das geschieht ihnen ganz recht.“

Lehrer: „Verluste ja. Aber nicht für die großen Banken. Die kamen nämlich auf die Idee, ihre Schrottimmobilien als Wertpapierpäckchen weiterzuverkaufen. Genügend Dumme äh Käufer haben sich gefunden, und so haben besonders amerikanische Banken wie Morgan Stanley oder Goldman Sachs Milliarden verdient.“

Axel: „Sauerei!“

Opa: Moment, reden Sie jetzt von 2007 oder von der nächsten Krise?“

Lehrer: „Na jaaa, von beiden. Aber Axel, schau her, die Banken haben völlig zu Recht so gehandelt. Sie müssen alles tun, um hohe Gewinne zu erwirtschaften. Das sind sie ihren Aktionären schuldig, die ihr Geld angelegt haben und Rendite sehen wollen. Irgendwann zahlt sich das für die Gesellschaft aus.“

Opa: „Sagen Sie, sind Sie eigentlich Utopist?“

Lehrer: räuspert sich.

Axel: „Dann haben also die bösen Banken ihre Schrottpapiere an dumme Banken verkaufen müssen, weil sie sonst pleite gegangen wären.“

Lehrer: „Richtig, Axel. Ich sehe, du kapierst die Zusammenhänge.

Axel: „Und was haben die dummen Banken damit gemacht?“

Opa: „An noch Dümmere verhökert. Ihren Kunden, den Kleinsparern. Wie den Leuten, bei denen wir wohnen. Mit hohen Renditeversprechungen wurden sie geködert, mit Mausefallen, die mit Geld gefüllt waren und ZACK, waren sie in der Falle.“

Lehrer: „Irgendwann hatte es sich herumgesprochen, dass die Wertpapiere keinen Wert haben und das investierte Geld verloren ist. Die „dummen“ Banken blieben auf ihren Verlusten sitzen, weil sie nicht den ganzen Schrott an ihre Kundschaft verscherbeln konnten und gingen pleite.“

Opa: „Ihre Kundschaft war pleite, sie selber waren pleite und die Wirtschaft dadurch auch. Soweit haben sie uns gebracht.“

Axel: „Alles kaputt.“

Lehrer: „Nein, nein. Da war ja immer noch der Staat, zu dem man gehen konnte, damit er ihnen hilft. Dafür ist er ja da.“

Axel: „Aber man wollte doch weniger Staat. Haben Sie doch vorhin selber gesagt, Herr Lehrer..“

Lehrer: „Äääh....“

Opa: „In DER Situation nicht, gell, Herr Wirtschaftsnachhilfelehrer.“

Axel: „Ich werde das nie lernen.“

Lehrer: „Es war so, Axel. Der Staat hat die Pleitebanken gerettet. Und schon war die Krise abgewendet.“

Opa: „Im Gegensatz zur Kundschaft der Pleite-Banken, die übers Ohr gehauen wurden. Die sahen keinen Cent.“

Axel: „Opa, psst! Die Pleite-Banken haben also vom Staat Geld bekommen.“

Lehrer: „Richtig Axel. Das sieht dann so aus: Mit dem frischen Geld geben sie ihren Kunden aus der Wirtschaft endlich wieder Kredite. Mit den Krediten wiederum werden neue Firmen gegründet oder alte Firmen vergrößert und die Arbeitslosen bekommen wieder Arbeit. Allen geht es wieder gut. Ja, so haben es die Wirtschaftstheoretiker vorausgesagt.“

Opa: „Und warum haben wir dann nichts zu essen, hä, Herr Wirtschaftstheoretiker?“

Axel: „Wollte ich auch gerade fragen.“

Lehrer: „Nun, man hat sich überlegt, dass man mit dem geschenkten Geld leichter Gewinne erzielen kann, wenn man es in Rohstoffe, Metalle oder Lebensmittel investiert. Man kauft, verknappt das Produkt und sofort steigen die Preise. Dann wirft man die teuren Rohstoffe auf den Markt und streicht die Gewinne ein. Wir erinnern uns: die Banken sind verpflichtet…

Opa:“Jaja, für ihre Aktionäre Gewinne zu machen. Sie konnten gar nicht anders handeln, die Bedauernswerten.“

Axel: „Das hätten die Politiker doch niemals erlauben dürfen! Da wird ja alles teurer und die Menschen noch ärmer!“

Lehrer: „Man darf doch den Banken nicht vorschreiben, was sie mit ihrem Geld tun und lassen sollen. Das wäre ja Kommunismus. Und schließlich soll sich der Staat ja aus der Wirtschaft heraushalten, haben wir ja heute schon gelernt.
Die Politik ist ohnehin überfordert, weil das Geschehen in der Wirtschaft inzwischen so kompliziert ist. Sie muss sich schon Fachleute von den Banken als Berater holen.“

Opa: „Wenn die Feuerwehr überfordert ist, holt sie die Brandstifter als Berater.“

Lehrer: „Hören Sie doch endlich auf, unsere wirtschaftspolitischen Eckpunkte zu sabotieren. So wird Ihr Enkel niemals ein Wirtschaftsprofessor. Ich mühe mich hier ab...“

Opa: „Mein Enkel besitzt Moral. Das ist wichtiger als ein Beruf, bei dem er dem Volk der Feldmäuse als Wirtschaftsfachmann Lügen erzählen muss.“

Lehrer: „Aber von Moral allein wird er nicht leben können. Das können die Menschen nicht, das werden auch wir Mäuse nicht schaffen. Wir brauchen demnächst viele Experten, die unsere Feldmäuse auf Einschnitte und Opfer vorbereiten. Wir müssen alle das Fell enger schnallen, weil die Menschen nicht mehr in der Lage sind, genügend Vorräte für uns übrig zu lassen. Aber die Wirtschaft der Menschen wird sich erholen, das war bisher immer so, und dann gibt es auch wieder ausreichend Nahrung für alle Mäuse.
Übrigens: Das sind keine kruden Theorien, sondern Mahnungen und Weisungen, die von den gewählten Vertretern der vereinigten Stadtmäuse-Union stammen!“

Opa: „Ja, das sind diese fetten Nager, die es sich im Müll der Menschen aus den Banken- und Villenvierteln gut gehen lassen. Die haben immer noch genug zu beißen. Aber wir hier in den Slums und auf den Dörfern, wir sollen hungern. Ihr Wirtschaftsratten wollt doch nur verhindern, dass wir zu euch in die Villenviertel ziehen, damit ihr euch ungestört weiter vollfressen könnt.“

Lehrer: „Kommunisten-Maus!“

Opa: „Kapitalisten-Hamster!“

Lehrer: „Roter Nager!“

Axel: „Hallo! Hallo! Es geht doch um mich hier. Herr Lehrer, die Banken... dürfen die wirklich tun und lassen, was sie wollen?“

Lehrer: „Natürlich nicht! Da gibt es die EZB, die Europäische Zentralbank. Die sieht den Banken auf die Finger.

Opa: „Wobei die führenden Köpfe selber alle aus der Bankenwirtschaft kommen. Meistens sogar von Goldman Sachs, einem der Hauptverursachern der ganzen Krise.“

Axel: „Was? Die gleichen Typen?“

Lehrer: „Das hat schon seine Richtigkeit. Die Politik alleine kann das Netz von Derivaten, Leerverkäufe, Großfrequenzhandel, Verflechtungen und Abhängigkeiten ja gar nicht durchschauen. Da braucht es Fachleute…

Opa: „Und genau DESHALB haben wir nichts mehr zu essen.“

Axel packt die 3 Nüsse und will sich davon machen

Lehrer:. He, meine Nüsse, mein Honorar! Was fällt dir ein...“

Axel: „...Ich bringe sie den armen Menschen da oben. Wenn Finanzinvestoren die Politik beraten, dann brauchen die armen Menschen da oben unsere paar Nüsse nötiger.“