Waldbaden in Zeckenzeiten ist dem Wohlbefinden (des Zeckengastwirts) oft wenig zuträglich. Waldbaden will auch gelernt sein. Der Jammertalbote bietet einen kleinen Leitfaden für den Sprung in den Mischwald

Waldbaden für Forstgeschrittene

Da hat sich meine Krankenkasse aber Mühe gegeben mit der Broschüre über das Waldbaden als Vorbeugung gegen Stress aller Art. Die Überschrift Praxis Dr. Baum finde ich allerdings etwas einseitig. Eine Zweitpraxis Dr. Nadelbaum für Freunde der Akupunktur wäre durchaus sinnvoll gewesen.

Aber gehen wir die Broschüre einmal der Reihe nach durch.

Kann man das (Waldbaden) nicht einfach Spazierengehen nennen? Nein! Damit hat Waldbaden nichts zu tun. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine gezielte Entspannungsmethode, bei der man den Wald mit all seinen Sinnen wahrnimmt. Immer vorausgesetzt, man hat auch alle beisammen. Denn schließlich ist es wichtig, dem Wald die gleiche Achtsamkeit entgegenzubringen wie zu sich selbst- und nicht einfach blindlings durchs Unterholz zu laufen. Dafür sind schließlich Wildsau, Gevatter Wolf und Brunos bärige Erben zuständig.

Wenn gerade kein Wald in der Nähe ist - oder selbiger nicht schon vom Holzmichel auf seinem Harvester zu anschließend überteuert verkauften Pellets verarbeitet wurde - lassen sich die Übungen schon einmal im Park ausprobieren. Dem Getier, welches im Dusterwald kreucht und fleucht, wird es ein Genuss sein, einmal seine Ruhe zu haben.

Waldbaden ist gut für Körper und Psyche, stärkt das Immunsystem, senkt den Blutdruck, regeneriert den Organismus - und als schöner Nebeneffekt kommt es der Kasse deutlich billiger als eine Kur.

Was macht das Waldbaden eigentlich so besonders? Es sind die sogenannten Terpene, nicht zu verwechseln mit Termiten, also ätherische Öle, die von Blättern und Baumnadeln als Botenstoffe produziert werden, um Schädlinge abzuwehren. Insofern empfiehlt es sich, mindestens alle 50 m einen Baum zu umarmen, um dessen Terpenenbildung anzuregen. So hat auch das Dumme sein Gutes.

Und so funktioniert das Waldbaden:

1. Werfen Sie Ballast ab. Die geleerte Dose mit dem Energydrink bringt eine neue Farbe in den Waldboden, weckt die Neugier der Waldbewohner und fördert dadurch die Evolution.

2. Entschleunigen Sie. Gehen Sie so langsam wie möglich, zum Beispiel auf einer ungestörten Lichtung. Ungestörte Lichtungen mag es zwar geben, aber damit hat es sich schnell, wenn ein in Zeitlupe laufender Waldbader dem Fuchs und dem Hase beim „Gute Nacht sagen“ stört.

3. Öffnen Sie Augen und Ohren für das, was Sie rings um sich plötzlich wahrnehmen. Sie werden überrascht sein von der Vielfalt an Eindrücken. In der Tat unterscheidet sich das Geräusch in den Monokultur-Baumplantagen von der vielstimmigen Vogelstimmen-App durch seine Eintönigkeit und Langeweile. Aber gerade die Langweiligkeit beruhigt ja die Sinne.

4. Spielen Sie mit Ihrem Tastsinn. Berühren Sie ganz langsam Blätter, Moose oder Baumrinden. Ja, auch das viel belächelte Umarmen eines Baumes kann dazugehören. Barfuß spürt man den Wald noch intensiver. Und sollte sich unter einer dünnen Decke halb verrotteten Blattwerks ein Haufen Bärenexkremente verbergen, denken Sie positiv. Es könnte sich dabei ja um ein altes Hausmittel gegen Fußpilz handeln.

5. Lassen Sie sich Zeit. Armbanduhr und Handy sind im Vergleich zum Alltagsstress realer Ballast, den Sie nicht mit in den Wald nehmen sollten. Vor allem schützt besonders die Abwesenheit des Handys vor einem zu langen Aufenthalt im Wald, der zu einer Übergesundung führen könnte. Denn in unserer Gesellschaft ist eine Entschleunigung außerhalb des Waldes nicht erwünscht. Dann heißt es gleich wieder: „Den haben sie zu lang im Wald gebadet.“

Anmerkung: Fettgedruckte Zeilen sind Originalzitate aus einer KKH-Broschüre.