... .In normalen Zeiten hätte es dafür böse Worte gehagelt, die Betroffenen hätten daraufhin Scham geheuchelt, das Leben wäre weitergegangen und nichts wäre passiert.
Eine Woche vor zwei wichtigen Landtagswahlen und gut ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl sieht die Sache naturgemäß anders aus. Binnen weniger Tage waren die Politgrößen nicht mehr hoch geachteten Politgrößen, sondern hoch geächtet, und es blieb ihnen nur der Rückzug aus den Ämtern, sowie Parteiaustritt. Während Georg Nüßlein (vormals CSU) noch bis zur nächsten Wahl ausharren will, hat sein Kollege Löbel (ehemals CDU) ab sofort keinen Koffer mehr in Berlin und verlässt den Bundestag.

Der CDU-EU-Abgeordnete Radke meinte am Montag in der Süddeutschen Zeitung über den (inzwischen ehemaligen) Kollegen Löbel, der das Handaufhalten für seine 250 000 Euro Provision zunächst als marktüblich, dann als unsensible Handlung bezeichnet hatte:

„So viel Entrückung finden Sie in keiner Wagner-Oper!“

Das ist richtig. Eine Oper namens „Der fliegende Maskenvermittler“ hat Wagner nie geschrieben.

Interessant wäre aber eine Neufassung von Brechts Dreigroschenoper.

Und der Haifisch, der hat Zähne
Und die trägt er im Gesicht
Und der Löbel hat Kontakte
Doch die sah man bisher nicht.

Und er lieferte die Masken
Und er nahm die Provision
Denn bevorzugt bare Münze
Ist des Karrieristen Lohn.

Doch der Löbel kriegte Ärger
Mit der Presse im Genick
Und die Spitze der Partei, die
Suchte schon nach einem Strick.

Denn es sind in Bälde Wahlen
Dazu braucht man viel Moral
Wer nicht vorgibt, sie zu haben
Für den wird die Wahl zur Qual.

So blieb Löbel nur der Rücktritt
Weil's den Wählern so gefällt
Er gab ab Mandat und Posten
Jetzt bleibt ihm nur noch das Geld.


Denn, und das ist die verquaste Moral der Geschichte, mit 34 Jahren steht Löbel noch am Anfang seiner Karriere. Als Jung-Soziopath wird er es in der Wirtschaft noch weit bringen.

Der eben noch Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Georg Nüßlein, der in seinem Lebenslauf Tätigkeitsschwerpunkte im Bank- und Finanzwesen in Frankfurt angibt, dürfte ebenfalls keine Probleme mit weiteren Tätigkeiten haben. Die Hochfinanz hat keinen Ruf mehr zu verlieren und wer mutmaßlich über 600 000 Euronen für Vermittlung von Schutzmasken kassiert, hat sich für einen guten Job in Frankfurter Bankenkreisen schon mal trefflich qualifiziert.

In der CSU ist der Nüßlein jedenfalls binnen weniger Tage von der Walnuss über die Haselnuss zur Roßkastanie mutiert, die politisch ungenießbar ist.

So groß ist die Angst der CDU/CSU, dass sie in aller Hast neue Transparenzregeln für ihre Fraktion erfindet. Bezahlte Beratungs- und Vermittlungstätigkeiten im eigenen Aufgabengebiet sollen ausgeschlossen werden. Bravo! Der gut vernetzte Politiker wird sicherlich bezahlte Beratungs- und Vermittlungstätigkeiten außerhalb des eigenen Aufgabengebiets finden. Oder, um mit dem Kabarettisten Holger Paetz zu sprechen: Wenn ich schon verarscht werden soll, geht’s nicht ein bißchen geschickter?

Auch das frisch beschlossene Lobbyregister, viele Jahre von der schwarzen Fraktion verhindert und jetzt auch so verwässert, dass sich sogar die Granden von der FDP angeblich fremdschämen, soll jetzt nachgewässert, Pardon, nachgebessert werden.

Eine besondere Rolle spielen noch einige Geister aus der bayerischen Vergangenheit. Es war Monika Hohlmeier, Tochter von F. J. Strauß, sowie Andrea Tandler, Tochter von Straußens Generalsakradi Gerold Tandler, welche die Masken einer Schweizer Firma für Millionenbeträge ans Gesundheitsministerium vertickten – zu kräftig überhöhten Preisen und zum Teil auch mangelhafte Ware.

Immerhin hat Monika Hohlmeier offenbar keine Provision genommen (Stand 09.03.2021 um 22 Uhr 02).

Da mag Söder an die gute alte Zeit zurückdenken. Denn als die Väter regierten, war man auf solcherart Zusatzgeschäft noch stolz. Und die CSU hatte trotz allem (oder gerade deswegen?) noch weit über 50% der Wählerstimmen.