Wien Impressionen 1

Der Österreicher läßt sich aus jeder Verfassung bringen, nur nicht aus der Gemütsverfassung. (Karl Kraus)

Um es gleich vorweg zu nehmen: Bürgerkriegsunruhen gab es nach dem Rücktritt (oder besser Seitentritt) von Sebastian Kurz keine. Vielmehr ging alles seinen gewohnten Gang, eine gewisse Aufgeregtheit über die österreichische Politik zeigte sich nur in der Presselandschaft.

Na dann! Auf ins Kaffeehaus. Die „Genderer“ sind vor der Stadt zum Stillstand gekommen, wie einst die Türken vor Wiens Mauern. Die türkischen Angreifer zogen unverrichteterdinge wieder ab, ließen aber den Kaffee da, was in der Folge zur bekannten Wiener Kaffeehauskultur geführt hat. Dort, in den vielen traditionellen und neuen Cafes kann man sich auch heute noch einen „Großen Schwarzen“ bestellen und bekommt vom Nachbartisch den Zucker gereicht und keinen verbalen Shitstorm ob der politischen Unkorrektheit.

Bekanntlich gibt es noch zahlreiche andere Kaffeevariationen in den Wiener Kaffeehäusern. Einen der Klassiker, den „Großen Braunen“ habe ich mir aber lieber nicht bestellt. Als Deutscher weiß man da ja nie, was man bekommt.

Touristen sind bekanntlich immer die anderen, weswegen man die Traditionskaffeehäuser wie das Cafe Zentral lieber meiden sollte. Es macht kein Vergnügen. Die Schlange der Wartenden ist größer wie vor dem Apple-Store und das will etwas heißen. Ohnehin sitzen die Literaten heute nicht mehr im Cafe Zentral, sie liegen vielmehr. Zum größeren Teil zwar auch „Zentral“, aber nicht im Cafe, sondern auf dem Friedhof. Der Zentralfriedhof, bekanntlich halb so groß wie Zürich, aber doppelt so lustig, schluckt einen ganzen Urlaubstag. Dazu gehört dann aber auch ein Besuch des Bestattungsmuseums, wo man sich eine „Hitparade der Totenlieder“ reinziehen kann. Und nein, den Klassiker von Wolfgang Ambros (Es lebe der Zentralfriedhof) findet man mitnichten. Nicht jedes Klischee muss stimmen.

Eine Prominentenabteilung gibt es auch auf dem Friedhof, es befinden sich Bekanntheiten, soweit das Auge reicht. Manche muss man allerdings länger suchen, weil nicht alle Prominenz die letzte Ruhe in der Prominentenabteilung finden wollte und lieber die gepflegte Separierung vorzog. Und der Zentralfriedhof ist der größte oder zweitgrößte Friedhof Europas -die Quellen gehen hier auseinander – da kommen schon einige km zusammen.

So ein Friedhofsbesuch macht hungrig. Macht nichts, gleich neben dem Zentralfriedhof befindet sich die Concordia, ein Lokal, welches unter anderem mit seltenen Schnitzelvariationen aufwartet. Beispielsweise genießt man dort ein „Karl-Valentin-Schnitzel“, tatsächlich ist es mit Semmelnknödeln-Scheiben gefüllt. Allerdings gibt’s kein Ludwig-Hirsch-Gulasch, aber das ist vielleich auch besser. Bevor man auf ein Stückchen Geweih beißt und sich die Zähne ruiniert...
Wien ist übrigens die einzige Stadt, in der die doppelte 3G-Regel gilt. Die erste wird akribisch abgefragt, die andere (siehe Bild) befolgen die meisten Gäste freiwillig.

Wird fortgesetzt!