Wir haben die Kompetenz-Kompetenz!

Edmund Stoiber

Wie wird der Winter?


„Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, dann ist er nicht eingeschneit - und der Winter eher schneearm ist. Oder so.“

Begrüßung von Heinz Holle, Vorsitzender des Verbandes deutscher Alternativmeteorologen.

„Und da brauchen mir gar nie koane Hochleistungscomputer net dazu.“

Bestätigender Zuruf aus dem Publikum.

Gemäß diesen feinsinnigen Leitworten trafen sich auch heuer wieder zahlreiche Alternativmeteorologen aus dem ganzen Land in Bad Tupfing, um ihre Erkenntnisse über die Langzeitprognosen für den kommenden Winter zu diskutieren.

Der Jammertalbote hatte die Möglichkeit, unseren Sonderkorrespondenten Friedrich van Flock nach Bad Tupfing zu schicken, der uns hier seine Eindrücke schildert.

Jammertalbote:
Herr van Flock, wie wird der kommende Winter nach Einschätzung der Amateurmetorologen?

Van Flock:
Alternativmeteorologen! Wenn Sie diese Zunft als Amateur bezeichnen, lernen Sie blitzschnell, wie geballtes Wetterwissen zuschlagen kann. Aber zu Ihrer Frage, ob es einen strengen oder milden Winter geben wird. Nun, da sind die Meinungen so verschieden wie die Methoden zur Wettererhebung. Zusammengefasst kann man sagen, die Härte des Winters hängt ganz entscheidend vom Wetter ab.

Jammertalbote:
Aha. Was sind da Ihrer Meinung nach die kuriosesten Methoden zur Wetterfindung für den Winter?

Van Flock:
Also mir wird noch einige Tage der Herr Wirtzelberger in Erinnerung bleiben. Das juckt und beißt noch immer so fürchertlich… Wirtzelberger ermittelt das Wetter für den Winter, indem er auf das Verhalten von Flöhen achtet. Er hält sich dazu ganze Legionen dieser Tierchen. Je später im Jahr seine Flöhe aktiv sind, um so milder wird der Winter, wie er nachwies. Ich konnte ihn noch kurz interviewen, dann wurde er aus Hygienegründen ausgeschlossen. Seiner Meinung nach wird der Winter übrigens extrem mild. Das sagte er mir noch, bevor man ihn im hohen Bogen…

Jammertalbote:
Ich verstehe.

Van Flock:
Daneben gibt es noch die sogenannte Königskerzenindikation. Anhand des Wuchses der Königskerze erkennt die Fachkraft, wie der kommende Winter werden wird. Die Königskerzenindikation ist aber umstritten, weil sie praktisch noch nie gestimmt hat.

Jammertalbote:
Das hält den Entdecker aber nicht ab, oder?

Van Flock:
Keinesfalls. Die Fehlprognose der Königskerze im letzten Jahr führte sein Entdecker übrigens auf Sabotage eines neidischen Nachbarn zurück, der sie nachts heimlich mit einer Brühe aus Kaffeesatz und zerstoßenem Blaukorn gedüngt hat, um den korrekten witterungsbedingten Wuchs zu verschleiern. Aber wenn auch die Königskerze noch nie richtig lag, die Argumente, hinterher zu erklären, warum sie eigentlich recht haben müsste, sind noch immer unerreicht.
Angeblich wurde dem Entdecker der Königskerzenindikation von der bayerische Staatsregierung schon mehrfach der Posten eines Redenschreibers für Markus Söder angeboten.

Jammertalbote:
Das würde auch einiges erklären.

Van Flock:
Mit Interesse zur Kenntnis genommen wurde heuer die übrigens erst zwei Jahre alte „Emmentalervorhersage.“

Jammertalbote:
Darunter können wir uns jetzt überhaupt nichts vorstellen.

Van Flock:
Niemand konnte sich bislang etwas darunter vorstellen. Laut Entdecker, dem Schweizer Alfredo Streubli, zeigen Anzahl und Ausrichtung der Käselöcher bestimmte Witterungsabschnitte des folgenden Winter an. Eine Verschiebung der an sich kreisrunden Löcher zu elliptischen Verformungen mit Rechtsdrall würde nach dieser Hypothese einen eher milden bis viel zu warmen Winter bedeuten und eine Verformung nach links wiederum kräftige Kälteeinbrüche von Osten. Je größer die Löcher im Emmentaler, um so höher die Niederschlagswahrscheinlichkeit der kommenden Monate.
Streubli lag im letzten Jahr ebenfalls kräftig daneben, behauptete aber, für original Schweizer Emmentaler hätte die Winterprognose zu 52% gestimmt, was deutlich über dem Zufallsfaktor von 50% liege. Im übrigen wäre die Kritik hauptsächlich aus dem Allgäu gekommen und dort – Moment, ich lese Streublis Statement mal kurz vor - gelten bekanntlich völlig andere Voraussetzungen, zumal man das Allgäuer Vieh auch bei Föhnwetterlagen fressen lasse und zudem Kraftfutter zufüttere, wohingegen der originale Emmentaler aus der Schweiz aus reiner Weidemilch von Schweizer Kühen von alpinen Berghängen der Zentralschweiz…

Jammertalbote:
Äh, ja, das klingt sehr überzeugt. Was macht Herr Streubli eigentlich beruflich?

Van Flock:
Er ist ein erfolgreicher Emmentalerexporteur.

Jammertalbote:
Können Sie uns zusammenfassend eine Prognose auf Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners geben?

Van Flock:
Gerne. Schneit es nicht mehr im Mai, ist der Winter vorbei.

Jammertalbote:
Ja dann vielen Dank!