Hat es euch nicht geschmecket?
Über Anales und Banales

„Knatterdrache Furzipups und Rüdiger Rülps“!
Was denken Sie, wenn auf der Suche nach einer anspruchsvollen Lektüre im Fenster Ihrer Buchhandlung Sie unversehens dieser Titel anstinkt? Wahrscheinlich „ach du liebe Scheiße“, so wie ich. Drinnen wird es aber noch schlimmer, da liegen in der Kinderbuchecke zwischen schneeweißen Einhörnern, rosaroten Prinzessinnen und silbrigen Feenträumen hübsch illustrierte Geschichten über den kleinen Ritter Kackebart oder über das bemerkenswerte Eigenleben von Fürzen und Rülpsern. Worüber ich mir im Bilderbuchalter garantiert keine Gedanken gemacht habe – jetzt allerdings grüble ich: wer verfasst denn so einen …?

Nun, vielleicht liegt die Lösung schon direkt vor meinen Augen: weil diese zuckersüße bonbonklebrige Fantasy-Schlagsahne auf Dauer solche Verdauungsstörungen provozieren muss?
Der Darmwind als frische Brise? Kacke als subversive Manifestation des unzensierten Ichs? Oder geht es gar, wie ein kluger Freund rätselte, für die exkrementierfreudigen Kinderbuchautoren um den „verzweifelten Versuch, ein letztes Tabuthema zu besetzen, quasi um den letzten Freiraum, noch gegen Konventionen verstoßen zu können, nachdem die Beleidigungskultur ja sogar den gemeinen Faschingsindianer auf den Index gesetzt hat“?

Das kann man als sozio-psychologische Rechtfertigung gelten lassen, aber wir wollen trotzdem hoffen, dass die kleinen Leser diese literarisch verlängerte anale Phase auch mal überwinden - was den Eltern, die diesen … kaufen, offenbar noch nicht gelungen ist.
Denn was zur Erleichterung des Individuums dient, ist für die Umwelt kein Genuss. Ganz deutlich hat das der Karikaturist Chlodwig Poth schon in den 1970gern gezeigt und gezeichnet, wie ein rücksichtsloser Gast, damals irgendwie linksalternativ mit langen Haaren und Bart, beim Essen die ganze Palette von Selbstbefreiung mit schmatz, schlürf, rülps, pups auslebt, samt der Ankündigung, jetzt gleich einen großen Haufen setzen zu müssen. Und damit den gepflegt auftischenden Gastgebern gründlich den Appetit verdirbt.

Übrigens ist für das gerne zitierte „Warum rülpset und furzet ihr nicht, hat es euch nicht geschmecket“ gar nicht Martin Luther verantwortlich. Sondern irgendein unbekannter Witzbold, der aber beim Erfinden dieses Spruchs wohl von einem ähnlichen Humoraufstoßen geplagt wurde wie später die Herausgeber eines Frankfurter Restaurantführers, als sie ihrem Werk den Titel „Rawülps“ gaben.

Mahlzeit, liebe Kinder!