Analysen zum verdammten Wählerwillen bei der Wahl der Qual in Berlin

Ihr Völker der Welt! Schaut auf diese Wahl!


17 Uhr 30 Die internationalen Wahlbeobachter des Europarats haben sich am Sonntagnachmittag zufrieden mit dem Verlauf der Berliner Wiederholungswahl gezeigt. "Der Gesamteindruck ist, dass alles wirklich gut läuft", sagte Delegationsleiter Vladimir Prebilic der Deutschen Presse-Agentur vor Schließung der Wahllokale. "Die Dinge sind wirklich gut organisiert, muss ich sagen."

"Muss ich sagen" - klingt jetzt für mich, als hätte er sich spannende Wahlpannen erwartet, ist aber sicher nicht so gemeint.

Auch der Wahlleiter ist glücklich. "Ich bin rein, meine Unterlagen wurden geprüft, ich habe mein Kreuzchen gemacht, eingeworfen und bin wieder raus." Nicht zu fassen!

Nun sind die Prognosen da. Die Wahlbeteiligung lag um über 12% niedriger als beim Probelauf im September 2021. Gleichzeitig wurden weitere unbekannte Flugobjekte über Kanada und China (!) gesichtet. Mal sehen, wann die ersten Wahlverlierer als Argument für ihr Abschneiden die Ängste vor UFOs angeben, die gerade ihre Klientel abgehalten hat, aus dem Haus zu gehen.

Wie sieht es nun aus? SPD und Grüne und Linke verlieren, bleiben zusammen aber vorne, die CDU schießt nach oben wie eine Silvesterrakete - und dürfte auch wie eine solche verglühen. Die AfD liegt unter ihren Erwartungen - einstelliger Wert - und die FDP fliegt raus.

Erstes Fazit der Wahlforscher: "Warum nicht gleich?"

18 Uhr 20 Madame Häuptling ist sichtlich zerknirscht. "Wir hatten nur 1 Jahr Zeit gehabt, die Dinge anders zu machen...", also sprach Frau Giffey. Wenn das mal nicht ein Vorwurf an ihre Vorgänger ist, die auch Giffeys SPD angehören und seit vielen Jahren regieren.

18 Uhr 25 Die CDU als absolut stärkste Kraft kann sich mit 8% Vorsprung vor Rot und Grün bequem aussuchen, wer nicht mit ihr koalieren will.

Linken-Spitzenkandidat Klaus Lederer ist zufrieden. Längst nicht in der Menge Stimmen verloren wie erwartet.

CDU-Kandidat Kai Wegner dankte nach Bekanntwerden der ersten Prognosen den Wählerinnen und Wählern. "Herzlichen Dank für diesen klaren Regierungsauftrag", sagte er unter Applaus.
Wobei ein Regierungsauftrag nur mit einer absoluten Mehrheit eindeutig KLAR ist. Ansonsten muss man sich die Mehrheiten eben zusammensuchen. Absolute Mehrheiten gibt es aber inzwischen nicht einmal mehr in Bayern.

Die FDP muss zittern, meint der SPIEGEL. Nach der ersten Hochrechnung, die sie immer noch zwischen 4,5% und 5% wird das Zittern bald zum Schüttelfrust. Ohne Wahlforscher zu sein, Kubicki wird nicht zittern, sondern zetern. Vorerst stellt er sich noch tot.

Und was schreiben die Rechtsextremen? Boris Reitschuster: Die Wähler der Hauptstadt belohnten Rot-rot-grün wieder einmal fürs Versagen. Die Wahlen heute zeigen: Berlin ist nicht mehr demokratisch. Wir fassen das krude Weltbild zusammen: Mehrheiten, die nicht rechts wählen, sind undemokratisch. Wie man als Coronaleugner und Faktenverdreher halt so argumentiert.

19 Uhr 20 Trotz Verluste, die Linken feiern. Aber die können leicht fröhlich sein, der Hickhack, wer in der Koalition vorne liegt und den Bürgermeister stellen darf, muss sie nicht tangieren. Höchstens als Kompromiss, wenn sich Rote und Grüne bei Gleichstand nicht einigen.

Viele Leute hätten ihr erzählt, dass sie erstmalig CDU gewählt haben," schwärmt eine frisch gebackene CDU-Kandidatin auf Phoenix.
Beim ersten Mal, da tut's noch weh. Da glaubt man noch, dass man es nie verwinden kann. Doch mit der Zeit, so peu à peu, gewöhnt man sich daran. Hans Albers

Fazit um 19 Uhr 30: Rechnerisch hat die rot-grün-rote Koalition weiterhin eine Mehrheit - aber alle drei Parteien des Bündnisses verlieren, vor allem die SPD. Die CDU gewinnt deutlich und beansprucht die Regierungsbildung für sich. Wofür sie eine volle Legislaturperiode Zeit hat.

Er wolle "sehr ergebnisoffen" Gespräche mit SPD und Grünen führen, sagte CDU-Wahlsieger Wegner in der ARD. Das dürfte dann auch der wahrhaftigste Satz des Abends sein. Für ihn ist durchaus offen, wer nicht mit ihm koaliert.

19 Uhr 55 Die geschmähte Koalition hat derzeit eine Mehrheit von 9 Sitzen.
"Noch so ein Sieg, und wir sind verloren!" König Pyrrhos, Erfinder des gleichnamigen Sieges.

20 Uhr 10: "Der Wahlkampf ist vorbei. Jetzt geht's um Verantwortung", meint der Wahlsieger und meint damit, Verantwortung sei, ihn zum Bürgermeister zu machen.

Weil zwischenzeitlich die Grünen vor der SPD liegen, ist Franziska Giffey noch geknickter als um 18 Uhr. Aber sie hält sich tapfer, die Regierende Büßermeisterin.

Die AfD sieht im Wahlergebnis auch eine Niederlage der Bundesregierung. Was sollen sie auch sonst sagen, wenn sie schon nichts zu melden haben.

20 Uhr 15: Diesmal gab es übrigens größere Wählerwanderungen. Dafür aber keinen Marathon, welche die Wahlwilligen über den Haufen rennen.

Die CDU bekam Stimmen von so ziemlich allen anderen Parteien. So groß ist die Verzweiflung der Berliner, dass sie scharenweise zur CDU wanderten.

20 Uhr 20 Geackert wie ein Gaul, abgehetzt wie ein Hund und 2 Stunden nach der Wahl schon einen Kater: Die Berliner Runde beginnt.

Der FDP-Generalsakradi hat Berlin eine Wechselstimmung bescheinigt. Und das stimmt insofern ja auch, indem man sie rausgeworfen hat. Außerdem meinte er, dass in der Ampel die Stimme der FDP erkennbarer sein müsse. Das sagen sie immer, wenn sie rausfliegen. Übrigens sind im Mai schon wieder Wahlen in Bremen! (2019: 5,9%)

FDP-Parteichef Lindner zeigte sich am Sonntagabend hoffnungsvoll. "Die Freien Demokraten sind bei der Berlinwahl 2023 angetreten, um den Wechsel in der Hauptstadt zu ermöglichen", schrieb er auf Twitter. Also haben sie sich zugunsten der CDU geopfert. Aber wie ist es bei echten Märtyrern? Nach der dritten Legislaturperiode wirst du auferstehen.

Die Berliner Runde ist vollauf beschäftigt, sich für die Misere im Wohnungsbau gegenseitig die Schuld zuzuschieben. Und alle haben sie recht! Ich bin daher für eine Wahlwiederholung. Es ist die gerechte Strafe für die Verabschiedung vom sozialen Wohnungsbau.

Ja, der Wähler ist grausam. Am Ende werden zwischen Rot und Grün nur ein paar Stimmen liegen. Und die Unterlegenen werden eine Nachzählung fordern. Und bei einem anderen Ergebnis noch eine Nachzählung. Danach eine Verweigerung beider Parteien. Und weil es für Schwarz-Links nicht reicht, dann eben Neuwahlen.

Franziska Giffey hat auch im Kampf um ein Direktmandat eine deftige Schlappe erlitten. Die SPD-Spitzenkandidatin verliert höchstwahrscheinlich das Direktmandat im Wahlkreis Neukölln. Gut, wenn man über die Landesliste abgesichert ist. Wer das für eine Blamage hält, sollte sich das Ergebnis der Grünen-Chefin Jarasch ansehen. Die kommt gerade mal auf 10% und gewinnt damit auch nur ein Indirektmandat.

Schwarz-Rot und auch Schwarz-Grün hätte derzeit eine Mehrheit von 5 Sitzen. Rot-Grün-Rot eine Mehrheit von 9 Sitzen. 5 Querulanten, die gegen die eigene Regierung stimmen und sie beschlussunfähig machen, sind schnell gefunden. Also wird es wohl bei einem Sieg der alten Koalition bleiben. Da mögen sie auf RBB und bei Anne Will noch so sehr um den Brei herumreden. Immerhin, die Journalisten beim RBB sind keine Politiker und glauben an ein Weiterwursteln der alten Koalition.

NTV analysiert: FDP gibt beinahe an alle ab. Tja, meine Damen und Herren, das klingt nach Fake, das klingt nach Lüge, oder zumindest nach S.F. Aber es stimmt; schließlich handelt es sich nur um Wählerstimmen, die sie abgeben muss. Es ist natürlich tragisch für eine Partei, die stets möchte, dass der Markt alles regelt, wenn das Volk dann diese Rolle übernimmt und sie überflüssig macht.

Es geht auf Mitternacht zu. Noch vier Bezirke noch offen. Die SPD schlägt die Grünen mit knapp 500 Stimmen Vorsprung. Dann schmilzt der Vorsprung. Und schmilzt. Und schmilzt. Am Ende siegt die SPD mit 105 Stimmen über die Grünen.

"Der Wechsel ist möglich!" Das meint Wahlsieger Wegner. Nö, mit einem ungedeckten Wechsel ist erst mal gar nichts möglich.