Vom Stand der Antiaufklärung
Eine Art Bestandsaufnahme

Gefährlich wird es, wenn sich abgehängte Unterschichtler, die ein Ventil für ihren Frust brauchen und übersättigte Wohlstandsbürger, denen es eindeutig zu gut geht, mit den psychisch labilen Dummköpfen der Gesellschaft zusammentun, wie es derzeit der Fall ist.
Das ist dann auch die ideale Chance für die braune Brut, sich an diese Mischung von Wut- und Wahnbürgern heranzuwanzen und so zu tun, als bildeten die größten Schreihälse der Gesellschaft die Mehrheit.
Das ist zwar noch nicht der Fall, aber wenn wir nicht aufpassen, wird der Weg dazu schnell bereitet.

Denn der Lack der Zivilisation ist hauchdünn. Schon eine – im Vergleich zu Pest und Cholera in früheren Zeiten – noch eher milde Pandemie zeigt, dass aller gesellschaftlicher Fortschritt eine Chimäre und das finstere Mittelalter kaum einen Hildmann weit entfernt ist.

Ob Gesichtsmasken viel oder wenig helfen, darüber kann man streiten. Ich jedenfalls sehe meine Mitmenschen lieber maskiert, wenn sie mich erregt und mit wütenden Worten anspeicheln, dass ein Mund-Nase-Schutz nichts bringt. Möglicherweise bewahrt mich so eine Maske vor den entscheidenden Tröpfchen mit einem Schwall von Coronaviren aus dem Rachen des Schreihalses.

Natürlich nerven die Masken. Mehr noch nerven aber die pöbelnden selbstgerechten Kleingeister, die sich für Gerechtigkeitskämpfer halten, wenn sie von einer faschistischen Gesundheitsdiktatur sprechen, obwohl es ihnen lediglich darum geht, ihren bornierten Egoismus zu befriedigen.
Die Freiheit des Anderen ist eben immer die Freiheit des Ansteckenden!

Und so werden hierzulande munter Zitate von Nazi-Widerstandskämpfern zum Masken-Widerstand instrumentalisiert, als ob das Stück Stoff im Gesicht mit dem Gang in eine Gaskammer zu vergleichen wäre. Ein Maskenzwang ist unmenschlich, behaupten jene Gestalten, die ansonsten Menschen ohne Skrupel im Mittelmeer verrecken lassen und sich in ihrer Mehrheit als Christenmenschen brüsten.
Was aber macht ein Gott, der sich von solchen Karikaturen in Menschengestalt anbeten lassen muss? Schickt er ihnen einen Virus?

Gibt es wirklich niemanden zu denken, dass es die gleichen Menschen sind, die ihr Leben lang getönt haben, „die da oben“ seien willige Knechte von Industrie und Großkonzernen, die jetzt plärren, der Staat mache vorsätzlich die Wirtschaft kaputt? Und da geht es nicht um Fehler oder falsche Prioritäten der Regierung, sondern einfach nur darum, ICH will mein Leben so weiterleben wie vor Corona, und daher sind alle Maßnahmen dagegen unsinnig und unnötig.
Argumente dafür gibt’s massenhaft im Internet und sie werden mir immer wieder angepriesen. Ganz so, als wäre das Internet eine Quelle und nicht ein Informationsanbieter, in dem Blödheit und Intelligenz nur einen Klick weit entfernt sind.

Seltsam nur, dass Bill Gates noch immer gegen ihn gerichtete Artikel im Internet zulässt. Aber wahrscheinlich ist das nur Verschleierungstaktik von Echsenwesen, die ja bekanntlich unter der Fassade von Gates, Merkel und Konsorten stecken und die uns alle beherrschen. Das kommt davon, wenn man als Kind zu viele Fantasyfilme angesehen hat und mit Lurchi Salamander Heften sozialisiert wurde.

Soll man solche Dummschwafler ernst nehmen und sich mit ihnen auseinandersetzen? Mit Menschen, die schon von einer Diktatur sprechen, wenn sie eine Mund-Nasenbedeckung aufsetzen müssen, die sich aber selber längst ihr komplettes Leben von Algorithmen im Netz diktieren lassen?

Eher harmlos kommen noch die Meinungen daher, die Großkonzerne hätten Covid 19 verbreitet, um den Einzelhandel kaputt zu machen. Als ob es eine Pandemie brauchen würde, damit der bequeme Homo Online den Amazoniten Geld und Daten nachschmeißt und unter Achselzucken hinnimmt, dass Kundenbequemlichkeit mit Sklavenlohn bezahlt wird!

Diese Bequemlichkeit, mit der sich der digitale Mensch von Google, Amazon, Facebook und Co. datentechnisch bis auf das Unterhemd ausziehen lässt, wird es mit sich bringen, dass der Internetprovider die Anzahl der ungesunden Lebensmittel und Getränke im vernetzten Vorratsschrank mit der Online-Kündigung im Fitnessstudio für gutes Geld an die Krankenversicherung des Kunden vertickt, worauf diese die Beiträge um ein Drittel erhöht. Und während die selbstverschuldete Überwachungsfalle über ihn zuschnappt, schreibt der neunmalkluge deutsche Michel im Restaurant mit hämischer Freude "Donald Duck aus Entenhausen" auf seinen Nachverfolgungszettel, weil es den Staat nichts angeht, wo und wann ein mündiger Bürger Nahrung zu sich nimmt.

Wer sich mit derlei lächerlichen Gestalten überhaupt noch auf Diskussionen einlässt, kann nur verlieren. Bestenfalls an Lebenszeit, schlimmstenfalls an Empathie gegenüber der Menschheit.