House of Cum-Ex
Eine Netflix-Serie

Folge 1:
Während der Erste Bürgermeister des Stadtstaates Hamburg, Olaf Scholz, beim G20-Gipfel in Hamburg Schiffbruch erleidet (was ihm politisch allerdings nicht sonderlich schadet), suchen windige Wirtschaftsexperten und zwielichtige Anwälte nach Möglichkeiten, für Banken Schlupflöcher in der Gesetzgebung zu finden, um möglichst keine Steuern zahlen zu müssen. Ein gewisser Hanno Berger treibt es mit seinen Methoden auf die Spitze. Über einige Jahre geht das Konzept auch auf. Doch im Jahre 2009 wechselt die Staatsanwältin Anne Brorhilker zur Schwerpunktabteilung Steuerhinterziehung.

Folge 2:
Anne Brorhilker arbeitet sich ein und kommt hinter ein komplexes System dubioser Geschäfte: Größere Aktienpakete werden dauerhaft ins Ausland transferiert, beispielsweise in die Schweiz. Kurz vor der jährlichen Diviendenausschüttung leiht sich die deutsche Bank A dieses Aktienpaket. Diese verleiht es an Bank B weiter, die es wiederum an Bank C...
Es sind die berühmten Leerverkäufe, theoretischer Besitz, bei denen die Aktienpakete das ausländische Depot nicht wechseln. Die 25% Kapitalertragsteuer wird in der Schweiz brav entrichtet. Weil in Deutschland die Finanzämter die Kapitalertragsteuer jedoch zurück erstatten, lassen sich Bank A, B und C vom deutschen Fiskus die 25% Kapitalertragsteuer "zurückerstatten" - obwohl sie für ihre geliehenen Geisterpapiere keinen Cent bezahlt haben. Nach Rückgabe des „Leerkaufs" wird dann die Beute geteilt – ein lukratives Geschäft. Derweil sitzt der Erste Bürgermeister von Hamburg, Olaf Scholz, fest im Sattel und hegt sogar weitergehende Ambitionen.

Folge 3:
Anne Brorhilker hat einen mittelgroßen Fisch an der Angel. Die Hamburger Warburg-Bank ist offenbar tief in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt. Die Ermittlungen gegen die Geschäftsführung, namentlich Hauptgeschäftsführer Christian Olearius, laufen an. Das Finanzamt Hamburg wird hellhörig und fordert 47 Millionen Euro Rückzahlung. In einer Nebenhandlung kommt jetzt ein SPD-Politiker namens Johannes Kahrs ins Spiel. Aus dem Umfeld der Warburg-Bank erhält sein Wahlkreis eine Parteispende von 38000 Euro, wie Tagebuchnotizen von Olearius belegen, die bei einer Hausdurchsuchung im Hause Olearius gefunden wurden. Eine ebenfalls ausgeführte Durchsuchung bei Johannes Kahrs bringt die Ermittler auf eine Spur. Sie finden ein Schließfach mit brisantem Inhalt. Über 200 000 Euro in 100-Euro-Scheinen. Über die Herkunft schweigt Kahrs. Nachzuweisen ist ihm nichts, das Geld muss nicht zwingend von der Warburg-Bank kommen. Es könnte durchaus auch aus seiner Lobbyistentätigkeit für Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann stammen. Oder auch aus seinen Verbindungen zum Deutsch-Aserbaidschanischen Forum. Aber das ist eine andere Geschichte.
Folge 4
Die Durchsuchung bei Christian Olearius zeigt noch andere Ergebnisse: Mails, die ein Treffen mit dem Ersten Bürgermeister Scholz bezeugen. Befragt, ob die Treffen stattgefunden haben, äußert sich Scholz äußerst bestimmt: „Nö.“ „Vielleicht.“ „Weiß ich nicht mehr.“ Mit Olearius Mails konfrontiert, kehrt schließlich ein Teil der Erinnerungen zurück: „Kann sein.“ „Ja.“ Einen politischen Einfluss verneint er.

Netflix hat exklusiv einen kleinen Ausschnitt dieses Treffens für den Jammertalboten vorbereitet:

Scholz: „Ich kann und werde keinen Verzicht auf eine Rückzahlung an das Finanzamt fordern. Du weißt, dass mir da die Hände gebunden sind.“
Olearius: „Das ist mir klar, Olaf. Ich wollte ja nur darauf hinweisen, dass…dass..“
Scholz: „Was!“
Olearius: „…eine so hohe Forderung die Existenz der Warburg-Bank gefährden kann.“
Scholz: „So schlimm?“
Olearius: „Es geht ja nicht nur um mich, Olaf. Ich kenne ja deine Ambitionen. Du warst lange genug Bürgermeister. Wenn es nach den Wahlen zu einer Großen Koalition im Bund reicht, ist dir ein Ministerposten sicher. Aber wenn du vorher noch eine Bankpleite in deiner Stadt am Hals hast, sind das schlechte Referenzen…“
Scholz: „Könnte sein.“
Olearius: „Du brauchst keine Rückschläge, du brauchst Erfolge. Dann löst du sogar irgendwann die Merkel als Kanzlerin ab.“
Scholz: „Jetzt übertreib mal nicht, Christian. Schon gut, ich ruf mal den Tschentscher an, der ist ja für die Finanzen zuständig. Aber machen kann der natürlich auch nichts.“
Olearius: „Natürlich nicht.“
Scholz: „Hallo Peter, ich bin‘s. Warum ich deine Privatnummer gewählt habe? Hab meine Gründe. Bei mir sitzt gerade der Christian Olearius von der….ah ja, du kennst den Sachverhalt…. Natürlich sind dir da die Hände gebunden. Mir ja auch. Aber du weißt, nach der kommenden Wahl könnte ich in Berlin gefordert sein. Und du als mein potenzieller Nachfolger….der Christian meint, die Stabilität der Bank könnte durch die Rückforderung gefährdet sein. Eine Bankpleite wäre für dich als Erster Bürgermeister kein guter Einstand und dazu ein gefundenes Fressen für die Opposition. Was? Klar sollst dich nicht einmischen… können und dürfen wir nicht. Du könntest höchstens das Finanzamt darauf hinweisen, was so ein Bankencrash für die Stadt bedeutet…Vielleicht entscheiden sie dann objektiver. Wie? Wem gehört der Wahlkreis mit der Warburg-Bank? Aha. Gut, schadet ja nichts. Danke.
Olearius: „Nun?“
Scholz: „Wir dürfen und können uns halt keine Einflussnahme leisten. Aber du sollst dich an deinen SPD-Wahlkreisabgeordneten wenden. Ein gewisser Johannes Kahrs.“
Olearius: „Kenn ich.“

Ein Treffen mit dem Hamburger Finanzsenator und heutigen Ersten Bürgermeister, Peter Tschentscher, kommt zustande. Desgleichen mit Johannes Kahrs. Nicht lange darauf erhält die Warburg-Bank vom Finanzamt Hamburg die erfreuliche Nachricht, dass auf die Rückforderung der 47 Millionen verzichtet wird.
E N D E

Eine so erfolgreiche Serie muss natürlich fortgesetzt werden. Und darum geht es in der zweiten Staffel:

Oberstaatsanwältin Brorhilker, mitten in den Ermittlungen, soll versetzt und durch einen Fachmann für Familienrecht ersetzt werden. Nach einem Aufschrei der Öffentlichkeit wird dieser Beschluss zurückgenommen.

Bürgermeister Scholz geht nach Berlin und wird erst Finanzminister, dann Kanzler. Ein Untersuchungsausschuss zur Klärung der Warburg-Finanzaffäre bringt keine größeren Erkenntnisse. Kanzler Scholz bestreitet weiterhin vehement jegliche Einflussnahme.

Johannes Kahrs, in SPD-Kreisen nicht mehr wohlgelitten, kehrt sämtlichen politischen Ämtern den Rücken und arbeitet nun für eine Lobbyistengruppe.

Die Anklage gegen Christian Olearius läuft, Oberstaatsanwältin Brorhilker, die sich rühmen kann, noch keinen Prozeß verloren zu haben, ist siegessicher.

Hanno Berger, der große Cum-Ex-Schmied, wird zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, das Berufungsverfahren läuft noch.

Die Anklage gegen Christian Olearius wird eingestellt. Olearius ist gesundheitlich angeschlagen. Er leidet unter Bluthochdruck.

Oberstaatsanwältin Brorhilker klagt über mangelnden Rückhalt der Politik, zu wenig Personal und über eine mangelnde Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und den ausländischen Behörden. Sie verlässt den Staatsdienst und versucht, bei der spendenfinanzierten Institution Finanzwende.de die Verhältnisse zu ändern.

Der ehemalige Warburg-Chef Olearius zeigt die frühere Cum-ex-Jägerin Brorhilker an. Sie hätte vorsätzlich und bewusst unvollständige und falsche Sachverhalte zur Grundlage ihrer Anklagen gegen ehemalige Mitarbeiter der Warburg-Bank gemacht.

Den üblichen Zusatz „Nach einer wahren Begebenheit“ hat sich Netflix gespart.
Es ist eine wahre Begebenheit.
Leider!
Nachtrag:
Aufgrund hoher Quoten für solche Doku-Serien hat sich Netflix entschlossen, schon einige Ablegerserien zu produzieren. So erzählt der heutige Lobbyist Johannes Kahrs in einem zweiteiligen Thriller, wie er in die sogenannte "Aserbaidschan-Connection geriet und unbeschadet davonkam, während die CDU-Abgeordnete Karin Strenz auf mysteriöse Weise beim Heimflug aus Aserbaidschan starb. Er erzählt auch, warum es gegen den ehemaligen CSU-Abgeordneten Eduard Lintner (immerhin 32 Jahre Bundestag) und seinem Spezl Axel Fischer zur Anklage wegen Bestechung kam.
Von hier aus startet ein weiteres Spin-off, ausgehend von Parteifreunden der Politiker(in) Strenz, Lintner und Fischer. Da geht es um Maskendeals (Jens Spahn, Alfred Sauter) PKW-Maut (Andreas Scheuer) und EU-Geschäfte mit Impfstoffen (Frau von der Leyen). In den beiden letzten Fällen spielen übrigens auch "versehentlich" gelöschte Mails eine große Rolle und Frau von der Leyen hat es auch nichts geschadet. Sie wurde trotzdem erneut zur EU-Präsidentin gewählt.

Kreative Drehbuchautoren haben es derzeit schwer, die Realität zu toppen.