„In Deutschland passiert das Richtige immer nur aus den falschesten Gründen“ soll der Satiriker Wiglaf Droste gesagt haben, so oder so ähnlich.
Wie wahr!
Die Grünen, heißt es, wollen Boris Palmer aus der Partei werfen.
Recht so!
Das hätten sie schon früher tun sollen, wegen seiner menschenverachtenden Äußerung, mit den Coronamaßnahmen rette man Menschen, die (möglicherweise) in einem halben Jahr sowieso tot gewesen wären.

Doch diesmal ist Boris der Unberechenbare in einen quasi explosiven Fettnapf getreten – er soll einen schwarzen Fußballer beleidigt haben – "rassistisch und abstoßend! "
Palmer verteidigt sich nun mit dem Hinweis auf Ironie, was leider ein probates Mittel geworden ist, Sprüche, die genauso gemeint sind, nachträglich als gar nicht so gemeint und die Anstoßnehmer zu humorlosen Dimpfeln zu erklären.
Nur leider erscheint - wenn die mir bekannten Informationen korrekt sind – der neue Fall Palmer-Aogo nicht so einfach. Es heißt, der Politiker beziehe sich auf eine Aogo-Äußerung und erkläre, wenn dieser das N-Wort verwende, sei der man of colour ja auch ein schlimmer Rassist.
Dies nicht als Ironie zu erkennen, erfordert – meiner Meinung nach - schon eine große Bereitschaft zum Missverstehen. Der Haken steckt wohl an einer ganz anderen Stelle: es sei nämlich keineswegs erwiesen, dass Aogo das N-Wort überhaupt in den Mund genommen habe!
Also müßte man Palmer nicht wegen Rassismus für regierungsunfähig erklären, sondern weil er auf ein ungeprüftes Zitat reagiert hat, also wie jeder Verschwörungsschwurbler Geraune im Netz für Fakten nimmt.

Der vermeintliche N-Wort-Verwender und vermeintlich rassistisch Beleidigte scheint sich bisher selber noch nicht zu dem Vorfall geäußert haben.

Also kann ich jetzt das Reich des Konjunktivs verlassen und konkret von einem anderen Fall von Beleidigung reden.
In einigen Wochen (die ich geduldig und ohne zu drängeln abwarten werde) erhalte ich meine zweite Anti-Corona-Impfung. Dann gehöre ich zu jenen Schreckfiguren, die gerade durch die Medien, vor allem die Cartoons geistern. Diese sind entweder furchtbar verschrumpelt oder sackartig verfettet, tragen Stock und Rollator als Waffen, ziehen durch die Kneipen und grölen mit der grimmigen Fröhlichkeit von Zombies schlechte Schlager aus der Zeit der Währungsreform und vorher. (Dass diese Altersgruppe wohl eher „I can get no satisfaction“ intonieren würde, scheint den Cartoonisten entgangen zu sein.) Neidisch beäugt von verhärmten jungen Paaren stellen die widerwärtigen Alten fröhlich ihre To-Do-Liste von Kreuzfahrt bis Beautyfarm zusammen; nachts treffen sie sich jenseits der Sperrstunde, betrunken lärmend, bis eine gestresste Junglehrerin um Ruhe bitten muss…

Ist das Humor? Ironie? Nein, das ist einfach Altersbashing und so lustig wie ein Schlag auf die Birne mit dem Holzhammer.
Wurde aber schon vorbereitet bei der Auseinandersetzung um Astra-Zeneca: wer bei diesem Impfstoff nach dem „rin in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln“ zögerte und erst etwas mehr über die Ursachen der tödlichen Thrombosen wissen wollte, wurde als alter Ichling geschmäht, der den jungen Leuten den Impfstoff weg nimmt. Oder, wenn es witzig daher kommen sollte, als „Impf-Gourmet“.

Soll ich mich jetzt wirklich für meine Alterscommunity beleidigt fühlen und eine Initiative gegen Gerontophobie starten?
Ich überlege es mir, aber ich hab ja sonst auch nicht viel am Hut mit all den Langweiler, die halt zufällig meinem Jahrgang angehören. Aufregender fände ich es, wenn sich demnächst irgendjemand durch den Jammertalboten beleidigt fühlen würde – Boris Palmer vielleicht? Oder die grüne Kanzlerkandidatin? Oder wenigstens ein paar Langweiler vom Jahrgang 1947?
Doch ich fürchte, das schaffen wir auch diesmal wieder nicht.
Falls es hier jemanden gibt, den ich noch nicht beleidigt habe, den bitte ich um Entschuldigung.
( angeblich von Johannes Brahms, deutscher Komponist)
PS:
Das Huhn hat, ebenso wie der Hund, nichts mit den o.g. Fällen von Beleidigung zu tun.