"Wenn Sie Ihre Bahncard kündigen möchten, geben Sie bitte Ihre Bahncardnummer ein.“
„Vielen Dank. Wir bestätigen hiermit Ihre Kündigung zum Ablauftermin.“
In 20 Sekunden alles erledigt. Technisch durchaus machbar. Aber was ein digitaler Rattenfänger ist, der lässt seine Beute nicht so leicht aus dem Sack.

Der Grantige vom Gögerlberg
versucht seine Bahncard zu kündigen

Es könnte so einfach sein, ist es aber nicht. Nicht bei der Deutschen Bahn. Denn verticken konnten sie mir ihre Bahncard seinerzeit zwar am Schalter - aber kündigen? Nein, erklärt mir die viertelkompetente Dame an ihrer Schaltstelle der Ignoranz, ich muss da schon anrufen. „Diese Nummer hier auf Ihrer Bahncard. Wir hier können das nicht mehr machen.“
Ob nicht können, nicht wollen, nicht dürfen, egal – es läuft aufs Gleiche heraus. Ich muss ans Telefon.
Anstatt aber, was eigentlich vernünftig wäre, den Schalter zu demolieren und der Bahnbediensteten zu erklären, dies sei keine persönliche Sache - sie möge den Druck doch bitte an ihre Vorgesetzten weitergeben, trolle ich mich nach Hause und greife zum Telefon, wo ich wechselweise die 1 oder die 2 oder die Raute zu drücken habe. Knappe 10 Minuten später erklärt mir eine computergenerierte Stimme mit einer Beiläufigkeit, (eine real vor mir stehenden Person hätte dafür einen Faustschlag abbekommen), dass eine telefonische Kündigung nicht möglich ist. Ich habe mich stattdessen bei der Deutschen Bahn einzuloggen, um kündigen zu können.
Einigermaßen sauer rufe ich die Seite der Deutschen Bahn auf, auf der ich belehrt werde, dass ich meine Bahncard nur im Kundenkonto kündigen kann. Dazu muss ich allerdings erst eines eröffnen, mich also registrieren und ein Passwort vergeben. Um zu kündigen, muss ich mich anmelden!
Reichlich angefressen führe ich also die Anweisungen aus, durch die ich möglicherweise an mein Kündigungsrecht gelangen kann. Das Einloggen funktioniert auch. Aber - zwischen den Lockangeboten von Supersparpreisen von hierhin bis dorthin findet sich kein Kündigungsbutton!
Nur Bahnbonus, Bahncard, Städtereisen, Feedback (Arschleck, was ich von euch halte, steht hier) und ein Hinweis, dass mit dem jährlich eingesparten Co2 „das Saarland 10 Jahre lang kalt duschen könne“. Ich bin sicher, man spart überhaupt nichts, weil man bei der Anzahl defekter ICE-Klimaanlagen zumindest sommers trotzdem duschen muss.
Was also tun? Glücklicherweise haben bahnherzige Samariter im Internet zahlreiche Seiten eingerichtet, in denen der gepeinigte Bahnkartenbesitzer Hilfe findet. So erfahre ich, dass es gar keinen Kündigunsbutton gibt. Dafür ein Kontaktformular für Fragen aller Art, welches sich irgendwo im Bahn-Kundenkonto befindet. Da kann ich kündigen. Ich suche und finde irgendwann das Gewünschte, tippe also mein Verslein, inklusive Mailadresse und Bahncardnummer und warte auf die Bestätigung, die mich in Bälde erreichen soll.
Nach einer bestätigungslosen Woche verliere ich die Geduld. Als Bahnkunde ist man ja Verspätungen gewöhnt, aber eine ganze Woche? Also wieder eingeloggt, wieder alles eingetippt und kurz vor Beendigung, klingelt das Telefon. Leider zur Unzeit.
Meinen Kündigungstext haben sie mich danach noch zu Ende tippen lassen, aber beim Abschicken der Nachricht erhielt ich die Meldung, dass ich „wegen zu langer Inaktivität" automatisch abgemeldet wurde und meine Nachricht daher nicht versendet wurde.
Ich greife zu einer Extraportion Blutdrucktabletten und fange erneut von vorn an. Hoppla, jetzt klappt es. Nach kaum einer Stunde habe ich die Bestätigung. Die Kündigungsbestätigung? Nein, natürlich nicht! Es ist die Bestätigung, dass meine Mail bei der Bahn angekommen sei. Und – das soll wohl eine gute Nachricht sein - in wenigen Tagen bearbeitet werde.
Diesmal dauert es nur drei Tage, ehe ich Post von der Bahn bekomme. Ich freue mich noch nicht, denn man soll die Bahn bekanntlich erst loben, wenn man den Ankunftsbahnhof weit hinter sich gelassen hat. Tatsächlich drücken sie mir mit dem Wisch einen Reisegutschein im Werte von 15 Euro aufs Auge, zusammen mit einem schriftlichen Dank für meine Anmeldung im Kundenkonto. Ein Gutschein, den ich freilich ignoriere. Zu groß ist die Furcht, mit der Einlösung meine Kündigung wieder aufzuheben. Ähnlich, wie es es die Telekom früher einmal gehalten hat. Nach Vertragskündigung von den Dealern Freiminuten zum Versurfen angeboten, wobei eine Annahme die Kündigung automatisch stornierte. Ganz legal, stand ja alles im Kleingedruckten. Für jedermann lesbar, sofern man zwei Tage Urlaub und dabei nichts Besseres zu tun hatte.
Die nächsten Tage verbringe ich mit der Frage, ob es sich beim Verhalten der Deutschen Bahn um Inkompetenz, Wurstigkeit oder um gezielte Sabotage handelt. Mein Fazit lautet: JA. Und zwar jeweils zu einem Drittel.
Da hocken sie, die Bahn-Oberen, vielfach bestehend aus abgehalfterten ehemaligen Regierungsmitgliedern, allesamt zu dämlich für das Austragshäusel in Brüssel - aber für die Deutsche Bahn reicht es noch allemal. Vereint mit Zynikern aus der Wirtschaft, die sich brüsten, für Geld alles zu tun, stecken sie sich gegenseitig die Boni in den Arsch, treiben sich auf Empfängen und Banketten herum und sehen ihre Erfüllung in der Arbeit darin, dem mittleren Management zu befehlen, gefälligst die Kundenbindung zu stärken.
Daraufhin wird ein Internetauftritt mit eingebautem Irrgarten fabriziert, an dem die Schlichten scheitern, die Mittelklugen verzweifeln und die Schlauen immerhin noch kostbare Lebenszeit verplempern.

Wer aber zu spät kommt und dank der Bahnverzögerungstaktik die sechswöchige Kündigungsfrist verpasst, den bestraft, nein, nicht das das Leben, sondern die Deutsche Bahn. Weil nämlich dem Kunden der Obolus fürs nächste Jahr schon abgebucht worden ist, ehe er auch nur über einen Meter Schienenstrang befördert wurde - was er ja wegen der Kündigung auch gar nicht wollte.

Was ich mit dieser Bande anstellen würde? Ich würde…! Augenblick, die Post kommt gerade. Ach! Da ist sie ja, die Kündigungsbestätigung. Mit freundlichen Grüßen, die sie sich allerdings in eine ihrer nicht funktionierenden Zugtoiletten stecken und runterspülen können.

Immerhin geschafft! Und was sind schon 4 Wochen im Vergleich zur Ewigkeit?