„Was ist hier gut? Was ist hier schlecht? Was ist hier falsch? Was ist hier recht?“
(Kabarettist Erwin Steinhauer bekam schon vor knapp 40 Jahren die Krise)

Auf nix ist mehr Verlass (war aber schon immer so)

„Endlich sind die Grünen mit an der Regierung,“ freute sich unsere alte Freundin Jutta, die vor der Wahl noch bangend den grünen Peter an die Wand gemalt hatte, „jetzt wird endlich schwarze Politik gemacht! Und keine rote wie unter Merkel.“

Ich zog die Augenbrauen hoch und wusste nicht zu widersprechen. Aber es war schon immer so, dass die Wähler in ihrer unendlichen Grausamkeit stets dann gewisse Konstellationen herbeiwählten, wenn die Verantwortlichen sich außerstande sahen, die an sie gestellten Erwartungen zu erfüllen. Oder der Zeitgeist nicht mit den abgegebenen Stimmen kompatibel war.

„Wir wollen mehr Demokratie wagen!“ meinte Willy Brandt in sicherlich ehrlicher Absicht. Was damals dabei herauskam, waren allerdings „Notstandsgesetze und Berufsverbote“.
Ausgerechnet unter Helmut Kohl, dem überzeugten Antikommunisten, wurde das Berufsverbot dann wieder abgeschafft. Aber Kunststück – Kommunisten gab es ja keine mehr.

Die Altlinken aber, die in ihrer Jugend wütend entschlossen gegen Berufsverbote gekämpft haben, wünschen sich heute dieses Gesetz wieder zurück, um rechtsradikale Politiker, die von der AfD zurück ins Richteramt wollen, als Staatsbedienstete zu verhindern. Alles verdreht heutzutage!



Der Helmut Schmidt, so rief Frau Z. ,“ und seine CDU... „
„Der ist doch in der SPD!“ rief da der Sohn im nu.
Da lächelt der Vater: „Ach Kleiner!“
„Das macht doch nichts, das merkt doch keiner.
(Liedermacher Hans Scheibner über die Endphase Schmidt)

Der falsche Mann in der richtigen Partei oder der richtige Mann in der falschen Partei, im Nachhinein ist's einerlei. Schmidt war hochgeachtet bei den Konservativen, nur konnte man ihn nicht wählen, war ja in der falschen Partei. Kohl war hochverachtet beim konservativen Bildungsbürger, aber eben auch der Häuptling der Union, weswegen man die Birne schlucken musste.
Und so kam nach Schmidt – nein, nicht die Sintflut, dafür die sogenannte GEMOWE, die „geistig-moralische-Wende“ unter Helmut Kohl. Jedenfalls propagierte der Kanzler diese bis zum Überdruss.

Die Konservativen aber, die auf die Rückkehr der biederen Adenauer-Ära gesetzt hatten, bekamen dank Kohls Freundschaft zum Filmhändler Leo Kirch das Privatfernsehen vorgesetzt. Statt einem Gegenpol zum verhassten Rotfunk sah sich das Volk nackten „Tutti-Frutti“ Mädels, Glücksgeräderei und serienweise angestaubten Sexfilmen aus den 70iger Jahren ausgesetzt. Erstaunlich (oder bezeichnend?), wie schnell sich das biedere Publikum mit dem Seichtfunk arrangiert hat.
Zum Ausgleich begann man dafür, bei den Goethe-Instituten zu sparen, die leider unfähig waren, ihrem Schicksal mit Kreativität zu begegnen. Hätten sie sich damals kurzerhand in „Derrick-Institute“ umbenannt, wären sie aufgrund dessen Beliebtheit im In- und Ausland unantastbar gewesen.



“Es ist ein Unglück, daß die SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands heißt. Hieße sie seit dem August 1914 Reformistische Partei oder Partei des kleinern Übels oder Hier können Familien Kaffee kochen oder so etwas – : vielen Arbeitern hätte der neue Name die Augen geöffnet, und sie wären dahingegangen, wohin sie gehören: zu einer Arbeiterpartei. So aber macht der Laden seine schlechten Geschäfte unter einem ehemals guten Namen.”
(Kurt Tucholsky 1932)

„Wir werden nicht alles anders machen, aber vieles besser.“
(Gerhard Schröder 1998, am Beginn seiner Kanzlerschaft)

Und was hat er gemacht? Zusammen mit Englands zu Recht vergessenen Tony Blair die Neoliberalen von der Leine gelassen, weil's die Amerikaner auch gemacht haben und damit fleißig mitgeholfen, das Fundament für die Finanzkrise zu legen. Als die schließlich kam, war das dann schon lange nicht mehr deren Problem.

Immerhin ist Schröder nicht mit G. Bush in den Irakkrieg gezogen, auch wenn's nur Wahltaktik war,
und ist damit der Einstellung der Kernklientel von Rot/Grün gerecht geworden. Für die Teilnahme an einem zünftigen Kosovokrieg hat es aber allemal noch gereicht.
In Mutlangen wurde in den frühen 80igern gegen die Nachrüstung (so hieß Aufrüstung damals) noch Menschenketten gebildet, also Händchen gehalten. 20 Jahre später hielt man, auch bei den Grünen, die Händchen lieber nach oben, bei der Zustimmung zum Kriegseinsatz im Balkan.


„Ihr könnt beschließen, was ihr wollt, aber ich werde es nicht umsetzen.“
(Joschka Fischer streicht die Basisdemokratie ersatzlos.)

Letztlich haben sie alles mitgetragen, was die Häuptlinge beschlossen haben. Was von den großen Zielen der Grünen blieb, war das Dosenpfand und ein verkorkster Atomausstieg.

Was hatten sie sich in den 80igern alles erträumt, die linken Frauengruppen. Und siehe, als sie erwachten und merkten, dass der Traum, Regierungsverantwortung zu übernehmen, Wirklichkeit geworden war, da waren die Chefposten schon von zwei Platzhirschen namens Schröder und Fischer besetzt. *


„Über sieben Brücken musst du gehn
Sieben dunkle Jahre überstehn
Siebenmal wirst du die Asche sein
Aber einmal auch der helle Schein
(Karat)

Doch auch der hellste Schein kann trügen. Nach sieben Jahren wurden die Machos auch schon wieder verabschiedet. Und was bekam die konservative Wählerschaft? Genau die Zustände, vor denen die ultrarechten Knochen gewarnt hatten, wenn Rot-Grün jemals ans Ruder käme – und so gelangten eine Frau (CDU) als Chefin und ein schwuler Außenminister (FDP) an die Regierung.
Aber die konservative frauenfeindliche und homophobe Wählerschaft war nach 20 Jahren Privatfernsehen schon so abgestumpft, dass sie auch das mehr oder weniger klaglos hingenommen hat. Nur im braunen Gedärm grummelte es leise und entlud sich Jahre später in der Renaissance der Nazionalsozialisten im Kleidchen der AfD.

Angela Merkel hat es geschafft, 16 Jahre lang ihre Politik als sozialdemokratisch zu verkaufen, z.B den Atomausstieg nach dem Unglück in Japan, das Durchsetzen des Mindestlohn, (-ja, war die Nahles, aber mit Billigung von Merkel unter Protest großer Teile der Schwarzen-) der Umgang mit den Flüchtlingen 2015, u.s.w. - so perfekt, dass es selbst die schwarze Anhängerschaft geglaubt hat, und sie hätte damit die SPD beinahe zu Tode geschrumpft.

Dass Frau Merkel in Wahrheit 16 lange Jahre Klientel- und Industriepolitik gemacht hat, weiß niemand besser, als deren Profiteure.
Entsprechend froh war man, dass mit der Ampel die FDP als Korrektiv eingesetzt wurde.
Nur dass diese Partei, die unermüdlich den Rückzug der Staatsverantwortung und der freien Regelung durch den Markt gepredigt hat, jetzt gezwungen ist, Subventionen und Hilfsgelder auszuschütten bis zur Selbstverleugnung. Alles verdreht!

Ähnlich böse geht das Schicksal mit den Grünen um. Statt die Energiewende zu meistern, muss Wirtschaftsminister Habeck in Katar um Flüssiggas betteln. Und anstatt uns in den energiepolitischen Ruin zu treiben, wie von den Rechten lautstark vorhergesagt, reibt sich Habeck auf, ebenfalls bis zur Selbstverleugnung, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Da knirscht er mit den Zähnen, der gemeine Grünenhasser. Auf kein Feindbild kann man sich mehr verlassen.

Währenddessen ist in Europa schon wieder Krieg, und die Pazifisten wissen auch nicht mehr, was falsch und was richtig ist…

Ein heikles Thema – ich lenke ab und frage: “Was machen eigentlich jetzt die Wähler der Linken, wenn ihre Partei aus allen Landtagen fliegt?“

„AfD wählen,“ meint Jutta, „die machen die reinste Wagenknecht-Politik.“



Bei dieser Sicherheitskonferenz war die Welt noch in Ordnung!